"Sauer macht lustig" sagt der Volksmund - und irrt damit, denn sauer macht in Wirklichkeit krank und zerstört. Das Sterben der Seen, Flüsse und Wälder macht deutlich, dass wir die Fähigkeit der Natur, Säure abzupuffern, weit überschätzt haben. Der Mensch bildet hier keine Ausnahme, und wir sind gut beraten, uns mit der Messbarkeit des Säure-Basen-Haushalts (SBH) auseinanderzusetzen.

Grundlagen: Die ganze Welt spricht heute von der zunehmenden Übersäuerung, vom sauren Regen und von Umweltkatastrophen. Der Säure-Basen-Haushalt ist entscheidender Bestandteil der Intensivmedizin, in der täglichen Praxis jedoch findet er fast keine Erwähnung. Dabei ist unser tägliches Leben ständig vom Säure-Basen-Gleichgewicht, besser gesagt vom Säure-Basen-Ungleichgewicht beherrscht.

Bei einer ganzheitlichen Betrachtung muss dieser Umstand unbedingte Beachtung finden. Es war der Arzt und Biochemiker Friedrich Sander, der die zentrale Rolle des SBH in vielen Stoffwechselprozessen herausstellte. In der täglichen Praxis ist nicht die entgleiste Übersäuerung die Regel, sondern die latente Übersäuerung (Azidose) nach Sander ist das Hauptproblem und die eigentliche Ursache vieler Erkrankungen z. B:
- Arthrosen
- Migräne
- Osteoporose
- Durchblutungsstörungen
- Hypertonie
- Gemütserkrankungen
- Zahnerkrankungen
- verminderte sportliche Leistungsfähigkeit

Zur Darstellung des Säuregrades dient die pH-Skala von 0 - 14, wobei das biologische Gleichgewicht im Blut und in den meisten Körpergeweben bei pH 7,4 liegt. Grundlegend wichtig ist die Pufferkapazität des Organismus. Ohne diese würde jede Säurebelastung (Ernährung) zur Katastrophe führen.

Die Grundlage der Funktion des SBH sind spezialisierte Zellen im Magen, sogenannte Belegzellen. Sie erzeugen aus Kochsalz, Kohlensäure und Wasser Natriumhydrogencarbonat (Base) und Salzsäure. Diese bleibt als stärkste Säure im Magen, die Base dagegen wird ins Blut abgegeben und sammelt sich hauptsächlich in den Verdauungsdrüsen (Leber, Galle, Bauchspeicheldrüse) an.

Ursachen einer Übersäuerung sind:
- Basenmangel in der Nahrung und verkehrte Zubereitung (z. B. starke Erhitzung aller Speisen)
- übermäßige Fleischernährung
- Medikamente (viele Schmerzmittel, Entwässerungsmittel, hohe Vitamin C-Gaben u. a.)
- Schwermetallbelastungen (Quecksilber, Blei)
- Hunger (Fasten)
- Schwere körperliche Belastung (auch Leistungssport)
- Lebererkrankungen
- Schilddrüsenüberfunktion
- Diabetes
- Zinkmangel
- Durchfall
- übermäßige Gärung bzw. Fäulnis im Dam (Blähungen)

Säuren und Basen würden sich im Blut des menschliche Körpers bei einem pH von 6,1 absolut die Wage halten, was aber mit dem Leben nicht zu vereinbaren wäre. Mit dem Blut pH von 7,4 s. o. ist der Mensch also nicht nur "schwach basisch", sondern sogar stark basisch. Wenn wir 20 mal mehr Basen als Säuren in unserem Körper haben, spricht das deutlich für die Gefahr, die uns von Seiten der Säuren droht.

"Wohin mit dem Müll" - dies ist ein ernstes Problem, nicht nur unserer Zeit, sondern auch für unseren Körper. Er hat eine ähnliche Lösung für das Problem gefunden, indem er die verschiedenen anfallenden Säuren und Stoffwechselendprodukte, meist als Stoffwechslschlacken bezeichnet, in das Bindegewebe abschiebt. Von dort können sie erst wieder mobilisiert werden, wenn genügend Basen zur Pufferung zur Verfügung stehen.

Das Blut wirkt als Puffer und Transportmedium. Die Hauptpuffer sind dabei das Hämoglobin (Blutfarbstoff) und die Bicarbonate. Da es die Aufgabe der Selbstregulation des Körpers ist, sein Blut möglichst rein zuhalten - es stehen ihm dabei 5 Regulationsmechanismen (Blut, Lunge, Niere, Darm, Haut) zur Verfügung, deren Pufferkapazität aber nicht immer ausreicht, so dass Säuren ins Gewebe abgeschoben werden müssen.

Die Gewebsübersäuerung ist ein Begriff, der Ihnen sicher schon des öfteren begegnet ist, er bedarf dennoch einer kurzen Erläuterung. Wir differenzieren in der Naturheilkunde gern zwischen Blut- und Gewebeübersäuerung. Die Grenze ist hier aber nicht korrekt gezogen; auch das Blut enthält Gewebe, nämlich die Blutkörperchen, und auch das Gewebe enthält Flüssigkeiten. Die korrekte Grenze, die eine Unterscheidung sinnvoll macht, ist die Zellmembran. Es muß also richtig unterschieden werden zwischen Intra (innerhalb) und Extra (außerhalb) der Zellen.

Eine intrazelluläre Übersäuerung ist das Schlimmste, was uns passieren kann. Die Säuren, die sich innerhalb der Zelle versteckt halten, entgehen nicht nur der Meßsonde des Arztes, sie werden auch von der Niere nicht erkannt und damit nicht ausgeschieden. Tausende von Enzymfunktionen sind jedoch stark vom pH-Wert abhängig, und können dementsprechend nicht mehr effektiv ablaufen. Der Stoffwechsel ist gestört, was einer weiteren Übersäuerung vorschub leistet. Die Zellen verfallen regelrecht in eine Säurestarre, was sich besonders bei den roten Blutkörperchen bemerkbar macht, da dieser Umstand die Fließfähigkeit des Blutes massiv verschlechtert.

Das ist der Grund, warum pH-Messungen im Urin keinen Sinn machen, denn die Niere kann die Säure nicht als solche erkennen und damit auch nicht ausscheiden. Mit einem von Dr. Hans-Heinrich Jörgensen entwickelten Titrationsverfahren dagegen kann die intrazelluläre Pufferkapazität ermittelt werden.
Dazu werden 10 ml Venenblut entnommen und mit einem Gerinnungshemmer versetzt. Einerseits wird nun mittels Titration des Vollblutes (Serum mit Blutkörperchen) mit Salzsäure auf einen pH 6,1 genau ermittelt wieviel Säure gepuffert werden kann. Andererseits wird die gleiche Prozedur mit dem Blutserum (ohne Blutkörperchen) wiederholt. Die Differenz der beiden gefundenen Werte gibt uns die intrazelluläre Pufferkapazität an.

Daraufhin kann gezielt nach "Säurequellen" gesucht und mit einer angemessenen Basentherapie medikamentös reguliert werden. Der beste Weg ist fraglos eine Ernährung, bei der basische Pflanzen ein Übergewicht gegenüber säuerndem Eiweiß und Fleisch aufweisen.